Zwanzigster Juli. Gedenktag des deutschen Widerstandes gegen Hitler. Ein würdiges Datum, um den Tag am Ort des ehemaligen KZ Dachau, heute Gedenkstätte, zu verbringen. Wir, das sind meine Frau und ich, beide Mandatsträger der AfD in Rat der Stadt Ratingen.
Vor einer Woche: Es war ein sommerlich warmer Sonntag und wir dachten, dass wir das große Gelände der Gedenkstätte westlich von München für uns nahezu alleine haben würden. Falsch! Trotz des einladenden Badewetters hatte es zahlreiche Besucher, viele aus dem Ausland, an diesen Ort gezogen. Der große Parkplatz war gut gefüllt; am Informationskiosk, wo man Audioguides ausleihen und Führungen buchen konnte, herrschte am späten Morgen schon lebhafter Andrang. Mit Geschick ergatterten wir die letzten Karten für die einzige deutschsprachige Führung an diesem Tag: Start 12 Uhr, Dauer zweieinhalb Stunden. Um es kurz zu machen: Wir sind noch deutlich länger auf dem weitläufigen Gelände geblieben. Dort, wo einst tausende Menschen eingepfercht, erniedrigt, gedemütigt, gequält, hingerichtet wurden und verhungerten, ist heute ein weitläufiges, parkähnliches Gelände. Eigentum des bayerischen Staates, freier Eintritt, lediglich für die Führungen, auf die man keinesfalls verzichten sollte, sind gerade mal drei Euro zu entrichten.
Dachau war das erste KZ, dass die NS-Herren direkt nach der Machtübernahme schon im März 1933 auf dem Gelände einer ehemaligen Munitionsfabrik in Betrieb nahmen. Wobei man als Datum der Machtübernahme nicht den 30. Januar, sondern den 28. Februar einordnen sollte. An diesem Tag verkündete der greise, schon alterssenile Reichspräsident die berüchtigte „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“, mit der wesentliche Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt wurden. Begründet wurde dies mit einem angeblich drohenden Staatsstreich der Kommunisten. Der Reichstagsbrand am Tag zuvor wurde als Fanal zum Aufstand gedeutet, dem man mit dem Ausnahmezustand zuvorkommen müsse. Politische Gegner wurden in „Schutzhaft“ genommen. Einfach so, ohne richterlichen Beschluss, nach Gutdünken des Regimes.
Bereits kurze Zeit später war Dachau im ganzen deutschen Reich als Konzentrationslager für politische Gegner der inzwischen etablierten NS-Diktatur bekannt, berüchtigt und gefürchtet. In der Zeit von 1933 bis 1945 durchliefen über 200.000 Häftlinge das Lager, ca. 42.000 davon überlebten die brutale Lagerhaft nicht.
Neben dieser Einleitung zeigte uns unserer Führerin an einer großen Übersichtskarte die ganze weitläufige Dimension des Lagers: Die Gebäude der SS mit Unterkünften und Registratur, die Häftlingsbaracken, das Lagergefängnis, der große Appellplatz und das Eingangstor mit dem berüchtigten Spruch „Arbeit macht frei“. Später, in der Ausstellung, sollten wir noch von den vielen weit im Umkreis verstreuten Arbeitslagern erfahren, zu denen die Häftlinge tagsüber zum Arbeitseinsatz abkommandiert waren. Der gesamte Häftlingsbereich war umgeben mit einem Wassergraben und dem hohen unüberwindlichen elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun. An diesem Zaun erfüllte sich das Schicksaal mancher Häftlinge, die in selbstmörderischer Absicht einfach in den Zaun hineinrannten und augenblicklich durch den Stromschlag getötet wurden. Das große Denkmal vor dem SS-Block stellt genau dieses Szenarium dar: Leblose Körper, die sich im Stacheldraht verfangen haben. 
Trotz einer Vielzahl von Hinrichtungen war Dachau kein Vernichtungslager im Sinne der industriell perfektionierten Tötung. Die massenweisen Morde durch Giftgas fanden andernorts statt. Als die Amerikaner kamen, waren praktisch keine Juden mehr im Lager. Die waren schon vorher in die Vernichtungslager abtransportiert wurden. Dachau, das auch als Ausbildungsstätte für SS-Wachmannschaften anderer Lager diente, war vornehmlich dazu da, den Willen und die Persönlichkeiten der Insassen zu brechen.
Zweieinhalb Stunden Führung reichen nicht aus, um alle Facetten des Schreckens zu verinnerlichen. Die Lagerhierarchie der Funktionshäftlinge, die Körperstrafen durch Auspeitschen, das rücklings Aufhängen mit gefesselten Armen, das sogenannte Baumen. Priester hatten Ihre eigene Baracke. Während die deutschen Geistlichen ihre Gottesdienste im Freien abhalten durften, mussten die polnischen Pfarrer in ihren Baracken verbleiben. Das ist ja das Perfide: Innerhalb des Lagers gab es auch banale Unterhaltungen und Geselligkeiten auch bei den Häftlingen: Musikgruppen, Fußballturniere, sogar Prostitution. Nebenan starben die Kameraden an Hunger oder Seuchen.
Die Ausstellungen in den ehemaligen SS-Gebäuden sind umfassend: Die einzelnen Opfergruppen werden erwähnt: Z.B. kommunistische Spanienkämpfer, Oppositionelle Politiker aus dem Reich und den besetzten Gebieten, Homosexuelle, Kriegsgefangene aus dem Osten, Bibelforscher, „asoziale Elemente“ nach Definition der Nationalsozialisten usw.
Sollte der Besuch eines Konzentrationslagers für deutsche Schüler Bestandteil des Unterrichtes sein? Ich würde das für die Oberstufe befürworten. Der authentische Eindruck am Ort der Staatsverbrechen ist eindrucksvoller als jede Filmvorführung oder jedes Blättern im Lehrbuch.
Die Lehren für die heutige Zeit: Erschreckend, wozu eine durchideologisierte autokratische Staatsmacht, die an kein Recht mehr gebunden ist, befähigt wird. Unter Vorspiegelung einer vermeintlichen Gefahrenlage wurden selbstverständliche, durch Verfassung geschützte Menschenrechte einfach ausgehebelt. Wohin dann die Übergriffigkeit eines solchen Regimes gegenüber Oppositionellen und Andersdenkenden führen kann: Davon legt die KZ-Gedenkstätte Dachau ein eindrucksvolles Zeugnis ab.
Noch etwas: Unsere Führerin erzählte objektiv, antwortete auf Fragen und vermied jedwede politische Instrumentalisierung. Angesichts der überwältigen Monstrosität der NS-Verbrechen wird uns gewahr, wie infam, abgeschmackt und ekelhaft das Gebaren von schwarz-rot-grün und den willfährigen Lakaien unter den Meinungsmachern ist, die uns tatsächlich nun schon seit Jahren mit aller Gewalt eine Nähe zum damaligen Schreckensregiment andichten wollen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die letzten Monate haben gezeigt, wie man ganz schnell nur so eben das Grundgesetz aushebelt. – „Euch müßte man verbrennen“ zischte uns eine GEZ-geimpfte Frau hasserfüllt vor einiger Zeit am Infostand in Heiligenhaus zu. Das ging mir durch den Kopf, als wir an den Öfen im KZ-Krematorium vorbeigingen.


Kinderstühlchen, Seifenblasen, Luftballons und Glitzerschmetterlinge: Nichts von alledem hätte die Lokalpolitik und ihre Parteigänger in Aufregung versetzt, wenn all die Sachen, die Kindern Freude machen, von der SPD oder CDU präsentiert worden wären. Die waren nämlich auf dem Gruitener Dorffest, wie schon in den Jahren zuvor, mit raumgreifenden Ständen prominent vertreten. Der provokante Spruch: „Sommer, Sonne, Sozialismus“ , der von der SPD auf dem Fest auffällig präsentiert wurde, wurde nicht bemängelt.

